In der Strömgruppe - Akute Lechts-Rinksitis

Nicht nur in meiner Strömgruppe ein verbreitetes Problem: Wieso kann man beim Strömen mit einem Mal links nicht mehr von rechts unterscheiden?

Neulich in der Strömgruppe:

Ich habe ein paar neue Teilnehmerinnen, die sich erst seit kurzem am Strömen von anderen versuchen. Es dauert nicht lange, und das Schauspiel an den Liegen beginnt.

Ich sehe zweifelnde Blicke.

Nochmal auf die Strömanleitung gucken.

Die eigenen Hände werden fragend angestarrt.

Nochmal auf die Anleitung gucken, diesmal genauer.

Man sieht den entschlossenen Versuch, sich jetzt aber wirklich zu konzentrieren, noch ein Blick auf die Anleitung und dann doch geflüstert die Frage:

„Wo ist nochmal links?“

Ich eile zu Hilfe (ausgerechnet ich, aber dazu gleich) und beruhige: „Keine Panik, das ist beim Strömen ganz normal. Jetzt überleg nochmal in Ruhe. Auf welcher Seite der Person sitzt du? – Ja, genau. Und für welche Seite strömst du dann? – Richtig. Und jetzt schau nochmal, wohin soll deine linke Hand?“

Dann geht’s meistens erstmal – bis zum nächsten Strom… Ich raune dann noch so etwas wie: „Das kennen hier alle aus der Strömgruppe, mach dir keine Sorgen“, und ein lächelndes Nicken an den anderen Liegen begleitet meine Aussage.

Und tatsächlich – manchmal scheint mir die größte Hürde beim Strömen (sei es bei sich selbst oder bei anderen) das Unterscheiden von rechts und links zu sein. Zunächst muss man sich orientieren, für welche Seite man einen Strom anwenden möchte. Dann gilt es, die Hände zu sortieren. Und schließlich muss – nachdem das passende Sicherheits-Energieschloss identifiziert wurde – auch hier noch einmal die richtige Seite gefunden werden. Da kann man schon mal durcheinander kommen…

Niemand ist sicher davor

Und wer jetzt denkt, das sei nur ein typisches Anfängerproblem – weit gefehlt! Es ist in meiner Strömgruppe ein Evergreen und ich möchte behaupten, es vergeht nicht ein Treffen, an dem sich nicht irgendjemand aus Versehen vertut.

Mit wachsender Erfahrung legt man sich zwar ausgefeiltere Strategien zu, um mit der Verwirrung umzugehen. Aber wenn man einen selten oder noch nie angewendeten Strom auswählt, kann die Lechts-Rinksitis wieder gnadenlos zuschlagen und man steht erneut genauso hilflos da wie in seinen Strömanfängen.

Erst gestern habe ich wieder eine Erfahrung dieser besonderen Art gemacht: Ich habe im Selbsthilfekurs gerade den Milzstrom erklärt und will jetzt die Schritte zeigen. Du musst dazu wissen, dass der Milzstrom der von mir mit Abstand am häufigsten geströmte Strom ist, sowohl bei mir selbst als auch bei anderen. Wenn es einen Strom gibt, den ich wirklich in- und auswendig kann, dann ist es dieser.

Und ich setze an, schaue zur Sicherheit nochmal auf die Anleitung – und bin verwirrt. Ich halte den ersten Schritt irgendwie nicht richtig. Ist da ein Druckfehler in der Anleitung? Es ist doch die gleiche wie immer, ist mir das vorher noch nie aufgefallen? Mit Hilfe der Teilnehmerinnen gelingt es mir, meine Hände zu sortieren und den Strom doch noch richtig zu zeigen, puh.

Links ist da, wo der Daumen rechts ist, hat mir noch nie geholfen

Ich oute mich an dieser Stelle mal und gestehe, dass ich gleich doppelt geschlagen bin. Nicht nur, dass das Strömen mich ab und zu links-rechts-verwirrt. Ich kann auch in einem normalen Zustand schon rechts und links nicht gut unterscheiden.

Meine Lieblingsausrede ist, dass ich im Kindergarten gefehlt haben muss, als die Merkbändchen für die rechte und die linke Hand verteilt wurden. Ich vermute, das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Wie genau es zusammen hängt, habe ich aber bis heute nicht herausgefunden. Wie dem auch sei, oben und unten ist kein Problem für mich, aber sobald es um rechts und links geht, stehe ich auf dem Schlauch. Da stellt das Strömen für mich wirklich eine Herausforderung dar!

Aber bekanntlich wächst man ja mit seinen Aufgaben und so habe ich mich von dieser – übrigens gar nicht so selten auftretenden – Rechts-Links-Schwäche nicht aufhalten lassen. Ich habe bestimmte Orientierungsroutinen an der Liege und weiß dort jetzt zum Glück, wo rechts und links ist.

Eine Zeitlang hatte ich allerdings mal eine Klientin, die partout andersherum auf der Liege liegen wollte, als alle anderen. Einfach, weil sie sich so wohler fühlte. Dagegen war nichts zu sagen, für mich war das nur jedes Mal ein riesiger Wirrwarr in meinem Kopf, weil ich alles umdrehen musste…

Da denkt man, es wäre schwierig, den „richtigen“ Strom auszusuchen und die Schlösser auch „richtig“ zu finden. Und dann scheitert man schon vorher fast an links und rechts. Das Leben hat manchmal seinen ganz eigenen Humor.

Ich bin daher heilfroh, dass ich in Jin Shin Jyutsu-Kreisen gar nicht so groß auffalle. Denn gefühlt jede(n) befällt zwischendurch mal die Lechts-Rinksitis, egal, wie lange man schon strömt und auch völlig unabhängig davon, ob man normalerweise überhaupt keine Probleme hat, links und rechts zu unterscheiden! Alle, die in meine Strömgruppe kommen, können sich daher meines allergrößten, aufrecht empfundenen Verständnisses sicher sein, wenn es mal wieder darum geht, dass links sich heute so rechts anfühlt.

Was kannst du tun, wenn es dich erwischt?

Sei nicht beunruhigt, wenn du zeitweise in Zustände von Links-Rechts-Desorientiertheit an der Liege oder beim Selberströmen gerätst. Diese sind wirklich völlig gängig, wenn man strömt, und gehen auch wieder von selber vorbei.
Lass dir einfach Zeit, deine Hände und Körperseiten zu sortieren. Mit zunehmender Erfahrung wirst du eine für dich gut funktionierende Routine entwickeln, wie das am besten geht: Für welche Seite möchte ich den Strom anwenden? Ggf.: Auf welcher Seite der Person, die ich strömen will, muss ich dann sitzen? Welches ist meine rechte Hand und wo muss die hin? Dann muss die andere Hand die linke sein (das ist zum Glück einfach) und wo muss die hin? Wenn der erste Schritt eines Stroms erstmal geschafft ist, hat man genügend Zeit, sich jeweils für die nächsten Schritte zu orientieren.
Wenn du trotz aller guten Vorbereitung während des Strömens merkst, dass du die Hände doch irgendwie vertauscht hast oder das Sicherheits-Energieschloss auf der falschen Seite hältst – don’t panic. Korrigiere es und ström einfach in Ruhe weiter.
Nimm dieses Phänomen als ein gutes Zeichen, dass sich durch das Strömen etwas in deinem Kopf tut. Im übertragenen Sinne geht es darum, Trennungen aufzuheben und in letzter Konsequenz ist es irgendwann nicht mehr wichtig, in links und rechts oder irgendwelche anderen entgegengesetzten Pole zu unterscheiden. Und für alle Zustände, in denen Dinge in unserem Kopf durchs Strömen für eine gewisse Zeit lang durcheinander geraten, gilt sowieso grundsätzlich die hoffnungsfrohe Botschaft von Mary Burmeister:

Verwirrung ist Fortschritt.

Mary burmeister

Mein Strömtipp:

Flüchtige Lechts-Rinksitis ist nicht behandlungsbedürftig. Ein Schuss Humor (SES 15) und etwas Geduld (SES 23) reichen für gewöhnlich, um elegant und kompetent mit der Situation umzugehen.
Für grundlegendere Projekte mit Verwechslungen und Vertauschungen, also z.B. die erwähnte Rechts-Links-Schwäche oder Schwierigkeiten beim Lesen und Rechnen, die sich aus dem Verdrehen von Zahlen und Buchstaben oder Wortteilen ergeben, ist unser Sicherheits-Energieschloss 4 ein Spezialist.

P.S. Ich geh dann jetzt wieder meine 4 strömen…

Wer noch etwas tiefer einsteigen möchte, kann das mit diesem Artikel aus „Bild der Wissenschaft“ tun:
Warum viele an rechts und links scheitern

Und wer sich über Strömgruppen und das Erlernen von Jin Shin Jyutsu informieren möchte, kann das im Artikel „Jin Shin Jyutsu lernen – Handauflegen kann doch nicht so schwer sein“ tun.

Du bist selber auf der Suche nach einer Strömgruppe? Im Europabüro in Bonn findest du eine Auflistung von Strömgruppen.

Falls keine Strömgruppe bei dir in der Nähe ist, könnte der Strömclub eine interessante Alternative für dich sein:

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    8 Kommentare für "Akute Lechts-Rinksitis – ein kurioses, aber harmloses Strömphänomen"

    • Heidi

      Haha, kenne ich…. Passiert mir auch immer wieder mal zwischendurch, aber ich baue auf die Intelligenz des Körpers damit umzugehen… Schaden tut’s auf keinen Fall.

    • Christiane

      Liebe Anke,

      vielen Dank für dieses Thema!!! Ich ströme mittlerweile häufig andere und leider passiert es mir immer wieder, dass ich die SES auf der falschen Seite ströme. Ich werde dann innerlich ganz unruhig. Auch dachte ich, dass es mein Phänomen ist. Also, vielen lieben Dank, dass Du dies zum Thema gemacht hast. Vielleicht….bestimmt! gelingt es mir nun, dies gelassener zu sehen und ströme mir nun die 23 und 15. 😊

      Alles Liebe
      Christiane

    • H.K.

      Hallo Anke,
      Dein Artikel hat mich wirklich amüsiert. Gibt es überhaupt jemanden, der nicht in Verwirrung
      gerät? Für mich ist immer das Wichtigste das kleiner gedruckte in Klammern (sitze rechts oder sitze links), aber bei meinen Selbsthilfekursen, wenn ich dann vor den Schülern stehe und die Sequenzen des Milzstroms zeige, tappe ich immer mal wieder in meine eigene Falle. Es bringt aber immer Lachen mit sich. Es ist absolut kein Stress.
      Mach’s gut und danke für Deine Mails.

    • Gabriele

      Ach, hab ich mich jetzt amüsiert 😊 – ich unterschreib das alles und mir fällt ein, wie ich vor 2 Tagen plötzlich dagestanden bin und nicht mehr sicher gewusst habe, welche Hand ich beim Hauptzentralstrom auf den Kopf legen muss – beim Hauptzentralstrom bitteschön 😊 – einem wirklich selten gebrauchten Strom 😊

    • Gundula

      Danke liebe Anke,
      ich bin ja froh, dass das auch „länderübergreifend“ ist!!!!

    • Sabine

      Ach ja….
      Gerade komme ich von einer unglaublich wohltuenden Strömsitzung (inklusive Milzströmung) bei Anke wieder und bin völlig erstaunt, dass der Milzstrom (den ich mir seit Monaten fast täglich ströme), doch irgendwie anders ist, als ich immer dachte.
      Da vertauscht meine Hand wohl immer an derselben Stelle rechts und links, obwohl ich mir schon sooo lange sicher bin, dass ich den Strom jetzt endlich, endlich auswendig kann. Pustekuchen!
      Schön, dass es auch anderen so geht.
      Danke für den Artikel, liebe Anke!

    • Marion

      Liebe Anke,
      dankeschön für den illustren Artikel! Ich hatte in meinem Leben noch nie Links-Rechts-Probleme, bis … ja genau, bis ich zum Strömen kam. Und jetzt erlebe ich Situationen an der Liege haargenau so, wie von dir beschrieben. Dank deiner humorvollen Schreibe brauche ich jetzt aber die 15 kaum noch zu strömen ;-)

    • Marion

      Vielen Dank für diese wohltuende Worte zu den nervigen Richtungs-Problemen.
      Interessant finde ich, dass du „rechts und links“ sagst. Wir haben neulich mit ein parr Freunden darüber diskutiert und alle, die „links und rechts“ sagten, berichteten keine Links-Rechts-Schwäche zu kennen. Diejenigen aber, die es als „rechts und links“ kennengelernt haben, sagten, sie kämen im Alltag oft mit den Richtungen durcheinander. Daher stellte mein Mann die Theorie auf, dass man vielleicht lieber „links und rechts“ sagen sollte. Dann stehen die Wörter beim Lesen am richtigen Platz, besonders wichtig für Menschen mit einem ausgeprägtem bildlichem Vorstellungsvermögen.

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