Isabella Habsburg ist langjährige Jin Shin Jyutsu-Praktikerin. Neben der Arbeit mit Erwachsenen und Kindern hat sie auch vielfältige Erfahrungen mit dem Strömen von Haus- und Nutztieren gesammelt. Wieso sie statt der Taube auf dem Dach manchmal einen Spatz in der Hand hat, erzählt sie in diesem Interview.
Du hast ursprünglich mit dem Strömen von Menschen begonnen. Wie bist du zum Tiere strömen gekommen?
Es war mir von Anfang an wichtig, dass ich mit dem Strömen etwas habe, was ich für Menschen UND Tiere anwenden kann.
Zunächst habe ich natürlich meine eigenen Tiere, Hunde und Pferde, geströmt. Ich habe es aber auch bald als Praktikerin angeboten.
Vor allem Pferdefreunde haben sehr schnell auf dieses Angebot reagiert und lassen ihre Pferde strömen oder besuchen Tierströmkurse bei mir.
Bei den Kleintierbesitzern hat es etwas länger gedauert. Hier entwickelte es sich irgendwann, dass meine Kunden, die selber zum Strömen zu mir kamen, auch ihre Tiere mitbrachten.
Inzwischen gehe ich auch gelegentlich auf Bauernhöfe und ströme dort erkrankte Tiere wie Kühe, Ziegen oder Hühner.
Wo liegen für dich wichtige Unterschiede, Menschen oder Tiere zu strömen?
Die Handhabung an sich ist grundsätzlich sehr ähnlich.
Da die Tiere, die wir strömen, von Körpergröße und -form sehr unterschiedlich sein können, ist das Auffinden der Sicherheits-Energieschlösser für manche eine Herausforderung. Im Prinzip können wir uns aber zumindest bei allen Säugetieren an den gleichen anatomischen Strukturen orientieren wie beim Menschen.
Vor allem an den Beinen und Füßen gibt es aber einige Besonderheiten, die man beachten muss. Hier kommt es darauf an, ob es sich bei dem Tier um einen Sohlen-, Zehen/Ballen- oder Zehenspitzengänger handelt.
Die Größe eines Sicherheits-Energieschlosses ist – ebenfalls analog zum Menschen – abhängig von der Größe des Tieres. Sie entspricht bei Tieren in ungefähr der Größe ihres Fußabdrucks. Entsprechend lege ich bei großen Tieren die ganze Hand zum Strömen auf, bei kleineren Tieren arbeite ich eventuell nur mit den Fingerkuppen.
Da die Energie bei Tieren meist etwas feiner ist als beim Menschen, ist es am Anfang manchmal schwieriger, sie mit den Fingern zu erfühlen. Dies gelingt mit etwas Übung aber zunehmend besser.
Der wichtigste Unterschied für mich ist, dass die Tiere sich nicht so leicht verständlich machen können wie Menschen. Da sie meiner Erfahrung nach aber häufig sensibler aufs Strömen reagieren als Menschen, kann es bei ihnen auch manchmal zunächst zu etwas unangenehmeren oder ungewohnten Empfindungen kommen, die sie erschrecken. Da wir ihnen diesen Vorgang nicht mit Worten erklären können, ist es ganz wichtig, sie sehr aufmerksam zu beobachten.
Auf was sollte man beim Strömen von Tieren achten, und was kann passieren, wenn ich das nicht tue?
Wir können bei Tieren ihre Mimik, die Ohren, Atmung und Körperhaltung sowie eventuelle Lautäußerungen beobachten. Entdecken wir Anzeichen von Unruhe, Unsicherheit oder sogar Angst oder Schmerz, sollten wir dem Tier etwas Ruhe gönnen. Manchmal kann man nach einer kleinen Pause weitermachen.
Sind wir dem Tier gegenüber nicht achtsam genug, wird es uns sein Unwohlsein sonst womöglich durch einen Schlag, Biss oder Kratzer verständlich machen. Gerade bei großen Tieren wie Pferden kann das sehr schmerzhaft oder sogar gefährlich werden.
Daher empfehle ich ganz besonders beim Strömen von Großtieren, dass man sich während der Behandlung z.B. nicht nebenbei mit anderen unterhält, sondern die Aufmerksamkeit beim Tier behält. Außerdem sollte man die Knie nicht durchdrücken und keine hockende oder kniende Stellung einnehmen, um z.B. bei Bewegungen eines Pferdes mitgehen zu können.
Du hast schon sehr viele verschiedene Tiere vom Leguan, Kakadu, Lama bis hin zu Ziegen und Kühen geströmt. Die Tiere zeigen ihre Reaktion aufs Strömen sehr unterschiedlich. Kannst du uns dafür ein paar Beispiele geben?
Wer einmal Gelegenheit hat, ein Meerschweinchen zu strömen, sollte sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen. Sie sind äußerst dankbare Abnehmer. Zum einen legen sie sich ganz breit hin wie eine Flunder. Zudem machen sie sehr deutliche „Wohl“-Äußerungen, die in etwa dem Schnurren bei einer Katze entsprechen.
Als Isabella mir von diesen Meerschweinchen-Geräuschen erzählte, hatte
ich davon vorher noch nie gehört. Tatsächlich gibt es über 10 Laute, die
Meerschweinchen von sich geben können. Zirpen, Brommseln, Pfeifen, die
Zähne drohend aufeinander schlagen – erstaunlich! Abgesehen davon haben
sie auch eine große Bandbreite an anderen körperlichen Ausdrucksformen.
Beispiele dazu findet man z.B. unter http://www.meerchenwelt.de/verhalten/sprache.html.
Im folgenden Video sind ein paar typische Meerschweinchen-Geräusche zu hören:
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Mehr InformationenKaninchen hingegen genießen wesentlich zurückhaltender. Sie haben keine ausgeprägte Mimik und geben auch keine Geräusche von sich. Bei ihnen kann man die Entspannung vor allem daran bemerken, dass sie ihre Augen schließen.
Pferde zeigen sehr deutliche Entspannungszeichen, indem sie z.B. sehr herzhaft gähnen, grimassieren und die Augen schließen.
Sehr besonders war auch die Reaktion eines Kakadus, den ich einmal strömen durfte. Es war ein zahmer Kakadu, der für seine Verschmustheit bekannt war. Während er auf einer Sessellehne saß, stellte ich mich hinter ihn, um ihn etwas zu strömen. Er lehnte sich buchstäblich gegen mich und ließ mich mit entzücktem Blick gewähren.
Und wenn es dem Tier genug ist?
Natürlich gibt es auch entsprechende Anzeichen, wenn Tiere nicht geströmt werden wollen oder genug haben. Normalerweise, wenn es möglich ist, werden Tiere einfach weggehen. Ich erinnere mich aber auch noch gut an den Blick eines Lamas, als ich vorsichtig begann, es zu strömen. Es gab mir ganz ohne Worte sehr deutlich zu verstehen, dass ich bitte augenblicklich meine Hände von ihm nehmen solle.
Hunde wiederum beginnen irgendwann zu hecheln, wenn es ihnen zu viel wird.
Je vertrauter man mit einem konkreten Tier bzw. einer Tierart ist, desto leichter wird es einem fallen, die Zeichen zu deuten. Je fremder das Tier ist und je weniger man sich mit den Gepflogenheiten auskennt, desto wichtiger ist konzentrierte Aufmerksamkeit für das Tier, das man gerade strömt.
Wie ist dein Vorgehen, wenn du Menschen das Tiere Strömen beibringst?
Neben der Vermittlung von Strömwissen ist es mir aus mehreren Gründen ganz wichtig, dass die Menschen sich zunächst selber strömen bevor sie an die Tiere gehen.
Am eigenen Leib zu spüren, wie sich das Strömen anfühlt oder auch nur bei anderen Teilnehmerinnen mitzubekommen, dass die Reaktionen aufs Strömen manchmal durchaus stark sein können, ist sehr wichtig. So kann man Verständnis für die Tiere und ihre Reaktionen entwickeln und sich mit entsprechender Sorgfalt und Respekt einem Tier nähern.
Wenn ich selber noch gar nicht genau weiß, was ich da tue, wird sich diese Unsicherheit auch auf das Tier übertragen. Dies ist dem Erfolg einer Strömbehandlung natürlich nicht zuträglich. Es macht also sehr viel Sinn, sich erstmal mit dem Strömen an sich selber vertraut zu machen. Fühlt man sich damit wohl, kann man auch mit einer ganz anderen Haltung und Sicherheit ein Tier strömen.
Nicht zuletzt ist es wichtig zu verstehen, dass Jin Shin Jyutsu Zeit braucht, um seine Wirkung zu tun. Daher vermittele ich, dass nur das Dranbleiben und viel Geduld bei der Anwendung auf die Dauer Mensch UND Tier helfen.
Gerade bei Tieren wird ja häufig auch von indirekten Strömwirkungen gesprochen. Wie kann das aussehen und wie kann man es womöglich auch gezielt nutzen?
Wir können das z.B. beim Strömen von Pferden sehr schön beobachten. Wird ein Pferd in seiner Box geströmt, kann es passieren, dass auch das Nachbarpferd beginnt, zu gähnen und Grimassen zu schneiden.
Als ich mein eigenes Pferd in einen neuen Stall gebracht hatte und es das erste Mal mit seiner neuen Herde auf der Koppel stand, strömte ich es dort. Es war sehr interessant zu erleben, wie die anderen Pferde begannen, sich um uns herum zu stellen. Auch der Herdenchef stellte das Fressen ein und kam zu uns. Es schien so, als wollten sie erstmal beobachten, was wir da tun. Sie begannen, eins nach dem anderen zu dösen und standen ungefähr eine Viertelstunde lang mit geschlossenen Augen bei uns. Danach löste sich die Gruppe wieder auf und die Pferde begannen wie vorher, auf der Weide zu fressen.
Sehr viele Tierhalter erleben zudem das Phänomen, dass Tiere sich gerne mit dazu legen, wenn ein Mensch sich strömt oder geströmt wird.
Dies führte z.B. bei mir einmal zu der sehr lustigen Situation, dass mein Jack Russel mit einem Mal sehr dringend pinkeln musste als ich einer Freundin den Blasenstrom machte.
Man kann diesen Effekt, dass sich die Strömwirkung durch bloße Nähe schon überträgt, aber auch sehr gezielt einsetzen. Manchmal lassen sich Tiere z.B. wegen Schmerzen nicht strömen oder das direkte Strömen wäre ihnen zu viel. Dann kann sich der Halter neben dem Tier sitzend selbst strömen und auch dies wird dem Tier helfen.
In Büchern wird manchmal ein sogenannter Begrüßungsgriff für Tiere empfohlen, den man zu Anfang machen soll. Dabei hält man die Mitte 13 – im Brustbereich – mit der Mitte 10 – im oberen Rückenbereich zwischen den Schulterblättern. Wie sind deine Erfahrungen mit diesem Griff?
Ich verwende diesen Griff nur mit Vorsicht und würde ihn nicht als allgemeinen Öffnungsgriff empfehlen.
Grundsätzlich ist der Griff natürlich dafür geeignet, sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie gut die Energie auf- und absteigt. Dennoch mögen ihn meiner Erfahrung nach viele Tiere nicht.
Hunde beispielsweise erleben diesen Griff oft als sehr dominant und übergriffig und werden sich womöglich dagegen wehren.
Bei Pferden kann es auch sehr unterschiedlich sein. Manche Pferde mögen diese Art der Berührung. Aber Pferde, die aufgrund eines Sattelgurtzwangs sowieso schon im Brustbereich blockiert sind, könnten z.B. beißen, wenn man versucht, sie in diesem sehr sensiblen Gebiet anzufassen.
Es gilt hier also unbedingt, den Einzelfall anzuschauen. Bei einem eigenen oder vertrauten Tier kann man den Griff normalerweise leichter anwenden. Bei fremden Tieren sollte man aber aufpassen und eventuell lieber einen anderen Anfangsgriff auswählen, der weniger eingreifend ist.
Manche Tiere, wie Wildtiere, sind normalerweise viel zu scheu, um geströmt zu werden. Hast du damit schon Erfahrungen gesammelt?
Bei wilden Tieren habe ich bisher vor allem Vögel geströmt, die gegen die Fensterscheibe geflogen sind. Ist das z.B. einem Spatz passiert und liegt dieser völlig benommen am Boden, nehme ich ihn für eine kurze Zeit in die Hand. Ich versuche, ihn ganz vorsichtig mit den Händen zu umfassen, während ich eine Fingerspitze auf die Region des Steißes (Stoß) und eine andere Fingerspitze auf die Mitte der 13 auf die Brust des Vogels lege. Mit diesem Notfallgriff lindere ich hoffentlich den Schock, den er erlitten hat.
Dies mache ich so lange, bis der Vogel langsam die Äuglein öffnet und der verschleierte Blick wieder klar wird. Wenn er anfängt sich zu wehren, setze ich ihn ins Hochbeet, gebe ihm Schatten und Wasser und beobachte ihn nur noch aus der Ferne weiter.
Ein Traum von mir wäre es, mal einen Fuchs oder ein Reh zu strömen. Diese sind bisher aber noch nicht zu mir gekommen.
Mehr über die Arbeit von Isabella Habsburg findest du auf ihrer Internetseite
www.isabella-habsburg.at
Dort kannst du auch laminierte Schautafeln zu den Sicherheits-Energieschlössern für insgesamt 7 verschiedene Tierarten bestellen:
Wenn du noch mehr darüber wissen möchtest, wie man Tiere strömen kann, lies in diesem Artikel weiter.
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2 Kommentare für "Interview: Für alle Felle – Tiere strömen"
Liebe Isabella, liebe Anke!
Dieses Interview kommt wie gerufen!
Bisher habe ich meinen Hund geströmt, weil er bei Autofahrten vor lauter Panik schlimm gespeichelt hat. Leider hat das nicht gewirkt. Nichts hat gewirkt, keine Pillen, keine Globuli, keine Pheromone, kein „Aufdenschoßnehmen“…
Bis mir meine Schwester ein Buch von Linda Tellington über den TTouch bei Hunden schenkte.
Da habe ich die entsprechenden Berührungen auf einer wirklich langen Autofahrt für etwa dreißig Minuten angewandt, und siehe da: kein Speicheln und kein Zittern mehr!
Mir ist bewusst, dass die Anregungen von Linda Tellington eher dem Feldenkrais statt dem Jin Shin Jyutsu zuzuordnen sind, aber da ich beides mache und mir beides als eine perfekte Ergänzung erscheint, werde ich mir nun mein Hunde-Strömbuch vornehmen und mal schauen, wie da vielleicht das Eine durch das Andere ergänzt werden kann.
Ich bin sehr gespannt!
(Vor allem, weil ich auch schon vor die Scheibe geflogene Vögel wieder munter geströmt habe. Ein tolles Gefühl, mit den Händen zu heilen! Ich liebe das!)
Ich wünsche allen noch einen rundum schönen Mai.
Sabine
Guten Morgen!
Hier noch eine Ergänzung zu meinem ersten Kommentar:
Meiner Hündin ging es vor einigen Tagen sehr schlecht. Körperlich schien alles in Ordnung zu sein, aber sie wirkte „bedröppelt“, schlich beim Spaziergang nur neben mir hier und schlief viel. Das zog sich über drei Tage hin.
Ich habe ihr dann die Leisten, die 15en, gehalten, und sie streckte und schmiegte sich in meine Hände.
Anschließend ging sie schlafen.
Am nächsten Morgen war sie wieder völlig normal: lebhaft, fröhlich, bewegungsfreudig!
Das hat mich riesig gefreut!
Herzliche Grüße
Sabine